Donnerstag, 27. Oktober 2011

Ich motze, also bin ich. Mamma mia.

In meinem zumba Kurs ist ein Mädel, Jurastudentin wenn ich mich nicht irre. Wir unterhalten uns ca. 1 Minute pro Kurs, meistens über das Wetter, oder den Menschengestank des Kursraums. Letztes Mal kam sie kerzengerade auf mich zu als hätte sie was wichtiges mitzuteilen. „Mann, ich habe mich heute so was von aufgeregt. Ich müsste arbeiten, also ich bin Hiwi in der Bib und der Typ der mich um 16 Uhr ablösen sollte ist 10 Minuten zu spät gekommen!!!!" Sie rollte dabei Ihre blauen Augen.
 Ich schaute sie an wie ein Auto.
„Also eine Frechheit, so was!“ fuhr sie fort. „Das macht man nicht, er hatte nicht mal bescheid gesagt und als ich ihm die Uhr zeigte …“
Ich versuchte zur Pointe zu kommen: „hattest du denn ein Termin?“
„Nein“ sagte sie und schaute zum Boden.
Ich zog meine mindestens-12-Jahre-länger-auf-dem Planet-als Du-Miene und sagte lässig „also, reg Dich net uff Mädel, 15 Minuten sollten immer drin sein. Stell dir vor Dir wäre was passiert und Du wärest zu spät gekommen“.
„Haste recht“ sagte sie ganz beschämt. "Ich muss gelasseneR weRdeen!“
Letzteres sagte sie mit italienischem Akzent begleitete es dabei mit einem künstlichen Mamma mia-Händewedel.
Danach erlöste mich der Kursbeginn.

Daraus resultiert 1 ebenso sinnlose Frage:

Warum müssen in diesem Land alle mit italienischem Akzent antworten wenn ich ein mal aus Versehen ein R rolle?

Dienstag, 25. Oktober 2011

Im ICE...

gab es mal folgende Durchsage:

"Meine Damen und Herren, in den Wägen 32 und 33 befinden sich Zig...ähm Musiker, also ähm...Sinti und Roma, bitte passen Sie auf Ihre Wertsachen auf."

Sänk you for träwelling.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Was ich von einem Löffel Mayo lernte

In meinem Wohnheim, damals vor gut 14 Jahre wohnte auch eine gewisse Iris. Iris kam aus Passau und war das, was ich erst Jahre später als eine „resolute Bayerin“ erkannte (damals fehlte mir noch das Vokabolar dazu). Sie war korpulent, trug immer weite T-Shirts und schien ihre Weiblichkeit immer verstecken zu wollen. Dies gelang nur bedingt, da ihre Riesenbrüste sie immer verpfiffen haben. Ich pflegte nur mäßigem Kontakt zur Iris. Meine Deutschkenntnisse könnten mit dem PassauerSlang nicht warm werden. Eines Tages, in der Gemeinschaftsküche wollte ich ein Thunfischsandwitch machen. Das weiß jedes Kind, auf ein ordentliches Thunfischsandwitch gehört mindesten 1 Klecks Mayo. Ich hatte aber keine Mayo, Iris schon.
Ich habe sie also freundlich gefragt ob ich was von Ihrem Mayoglas abbekommen könnte, sie willigte ein: der Sandwitch war gerettet. Ich nahm ein Esslöffel Mayo aus dem Glas und schmierte es auf das bappige Sandwitchbrot eher ich einen genüsslichen Biss daran nahm.
Lecker!
2 tage später, im Supermarkt, dacht ich daran selber Mayo zu kaufen. Als ich später meinen Einkauf in der Küche auspackte, kam Iris rein. „Irsel“ sagte ich, „schau mal her, ich habe auch Mayo geholt, also Du weißt schon, bedien dich!“. Iris schaute zu mir und mit einem breiten Grinsen sagte sie „Cool! Da greife ich mal zu ga!“. Und tatsächlich, nahm sie ein Esslöffel aus der Schublade, öffnete langsam das Glas mayo, nahm ein Löffel Mayo heraus und… lies es langsam in ihrem Mund verschwinden. „Da simma wohl quit!“ sagte sie. Ich war schockiert. Nicht nur dass ich von diesem Anblick Würgreiz hatte, ich war regelrecht empört, dass sie auf dieser kleinlichen Art und Weise auf Schuldenvergleich aus war.
Das sind die Erkenntnisse, die zu Stereotypenbildung beitragen,  Ruckzug hatte ich Iris’ Verhalten auf das gesamt deutsche Volk übertragen. Ich schmückte es noch mit Adjektiven wie geizig, spiessig und peinlich. Das machte eine von den Anekdoten, die ich jahrelang erzählte unter dem Titel "ich erkläre dir die Deutschen".

Jetzt weiß ich es besser: Ein Löffel Mayo pur zu essen ist zugegeben ecklig. So etwas Kleines und Bedeutungsloses sofort zurück zu verlangen mag ja kleinkariert und spießig sein aber für eine jeder Beziehung kann es kathartisch wirken.

Du glaubst ich spinne? Vielleicht doch, aber hör doch noch kurz zu!
In meiner Kultur wäre vom Löffel Mayo wohl keine Rede. Es ist selbstverständlich, dass man was abgibt, es zurück zu verlangen wäre in den meisten Fällen undenkbar. Vielleicht ist es der Krieg, der lange an mein Land nagte, der die Leute zum „bedingungslosen teilen“ animierte aber unter dem Strich bleibt beim Geben fast immer das leise Verlangen nach Rückgabe.  Man sagt es nie direkt, in extremen Fällen könnte man es lediglich andeuten aber immer kann man bei Anderen darüber jammern. Lästern wäre hier das passende Verb. "Die soundso schnorrt immer Zigaretten", "der soundso hat sich meine Jacke geborgt und gibt sie nicht zurück".

Ist es nicht so, dass wir meistens auf Reziprozität aus sind? Wir sagen ich liebe dich, um es auch schallen zu hören. Wir hören der verheulten Freundin stundenlang zu, weil wir genau wissen: wenn ich motzen will muss/wird sie mir auch zuhören. Der Umgang mit anderen Menschen ist eine Summe von kleinen Austauschaktionen, es wird vom Geben und Nehmen bestimmt. Sind diese kleiner Aktionen des give and take nicht harmonisch, entsteht Frust, die Beziehung gerät in Gefahr. „Jedes mal wenn wir Essen gehen zahle ich“. „Mein Buch hätte schon gern zurück, es ist ein Jahr her!“ Das kennen wir wohl alle.

Um zur Iris zurückzukommen: Ab den Moment an, wo Iris den Löffel Mayo in ihren Mund steckte, stellte sie das Gleichgewicht unserer Beziehung wieder her. Die Beziehung war nun frei von Altlast, der nächste Austausch konnte kommen!

Montag, 17. Oktober 2011

Ein Platz in der Sonne

Heute scheint die Sonne. Na ja, strahlen würde ich das nicht gerade nennen aber sagen wir es mal so: die Annahme, dass es sie gibt kann heute bestätigt werden. Da denke ich an meine erste Woche in Deutschland, in einem Studentenwohnheim voller Rentnerstudenten im Zentrum von München. Dort bekam ich meinen ersten Kültürschock: „Was? Du kommst aus Zypern?! Wie toll, da scheint ja die Sonne!“ Diese Aussage war mir eine Nummer zu groß. Was meinen die denn? Haben sie die nicht mehr alle? Wie ‚da scheint die Sonne’? Die Sonne ist halt die Sonne, sie ist überall! Dachte ich mir. Eigentlich dachte ich mir so was wie „nix verstehen, Sonne immer da, deutsche Frau verrückt!“ aber das, ist wohl eine andere Geschichte.

Heute, gut 14 Jahre und 14 Winter später weiß ich es endlich auch: „Die Sonne scheint! Wie geil!“. Ich leide nun auch unter diese mitteleuropäische Zwänge: Die Sonne scheint = ich muss raus. Ab dann weiß jeder Südländer* eines: Du bist integriert, alda!

Genau darum soll es in diesem Blog gehen. Mal schauen wie es läuft.


*der Generalismus schlechthin, das werde ich wohl in meinem nächsten "Beitrag zur Kültür" erläutern müssen. Halt die Ohren steif!